Volkstrauertag 2025

Nicht nur in Belgien und Frankreich, bis hoch zum Polarkreis in Norwegen und in vielen anderen Ländern finden sich Spuren deutscher Stellungen und Gewalttaten. Und fast überall in Europa habe ich sie gesehen: Gedenkmale, Erinnerungstafeln, riesige Friedhöfe für tote Soldat*innen. Oft habe ich mir Zeit genommen, die Namen zu lesen, die Inschriften zu übersetzen – einen Moment innezuhalten.

Heute gedenken wir wieder einmal der Opfer von Krieg, von Terrorismus und politischer Verfolgung, der Menschen, die im Auslandseinsatz ihr Leben verloren. Doch die Stimmen des “Nie wieder Krieg” sind leiser geworden. Die Rüstungsindustrie macht erneut Milliarden, alle jungen Männer* sollen bald wieder gemustert werden und mehr als 80 Prozent der jungen Menschen haben Angst vor Krieg. Was Krieg – und die Angst davor – bedeutet, weiß ich fast mein Leben lang. Wie Kriege Menschen für immer zeichnen, habe ich früh erlebt – bis Ende letzten Jahres fast täglich. Der Krieg ist nicht vorbei, wenn die Waffen schweigen, er endet oft erst mit dem eigenen Tod viele Jahrzehnte später und lebt dann noch immer in den Nachkommen weiter. Wirklicher Frieden ist harte Arbeit, will man nicht, dass er über Jahrhunderte immer wieder neu entflammt.

Auch ich habe keine wirkliche Idee, wie man manchen der heutigen Bedrohungen begegnen kann, aber kein Streit der Welt endet durch Abschreckung und gegenseitige Drohungen, Waffen schaffen keinen Frieden und jede*r Soldat*in ist ein*e potentielle*r Tote*r!

Was ich aber der jungen Generation (und auch mir selbst) nicht nur an diesem Tag wünsche, ist, dass ihre Angst vor dem Krieg endlich ernst genommen wird, dass die, die es betrifft, in der Wehrpflichtdebatte nicht nur Gehör finden, sondern ernsthaft an den Entscheidungen beteiligt werden, dass es mehr Väter gibt, die sagen “nein, meine Söhne geb’ ich nicht” (Reinhard Mey, 1986) und mehr Mütter die “Nein” sagen und “Bruder, Sohn und Mann fest in der Wohnung ein[schließen]” (Erich Kästner, 1929), bevor wir wieder massenweise an Gräbern stehen und trauernd feststellen “du warst nicht einmal 19 Jahre alt” (Eric Bogle, 1976, übersetzt von Hannes Wader, 1980). Für ein Vaterland zu sterben, ist keine Heldentat, es war noch nie eine und es wird niemals eine sein.

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