Frankreich, Spanien und zurück: Ein Rückblick

Wenngleich ich zugeben muss, dass es auch in Deutschland noch viele Ecken gibt, die mir wenig vertraut sind (die ich auch gerne noch bereisen werde, sollte ich eines Jahres mal wieder im Sommer Urlaub machen), bin ich doch seit Kindesbeinen in Europa unterwegs. So wird die Liste der Länder, die ich noch nie besucht habe, beständig kürzer – und auch Spanien und Portugal kann ich nun streichen, zumindest für eine Weile: Denn so weit, wie ich ursprünglich reisen wolle – bis an die Algarve – habe ich es (leider?) nicht geschafft.

Loire bei Sonnenaufgang

Dass Frankreich zu meinen absoluten Favoriten zählt, muss ich wohl niemandem mehr erzählen. Besonders angetan haben es mir bekanntermaßen die Provence, die Alpes-Maritimes und das Vallée du Rhône. Weitgehend unbekannt waren mir bislang die Pays de la Loire, Poitou-Charentes und Aquitaine – sie sollten den Beginn der Reise bilden. So ging es über Saumur an der Loire weiter in Richtung der alten Hansestadt La Rochelle. Doch so sehr ich mich auf diese Stadt gefreut habe, so sehr verhinderten die Menschenmassen, die s selbst Mitte September unter der Woche zur Mittagszeit diesen Ort besuchen, dass ich zu mehr in der Lage war, als zu einer Rundfahrt durch den historischen Hafen. So ging es also nach nur kurzem Aufenthalt weiter entlang der französischen Atlantikküste gen Süden.

Dune du Pilat

Mit dieser Region bislang unvertraut führte mich die Reise über Royan/Sulac-sur-Mer und an Bordeaux vorbei eher zufällig nach Pyla zur Dune du Pilat, der größten Wanderdüne Europas. So herausfordernd der Aufstieg auf diesen über hundert Meter hohen Sandkasten war, so grandios ist der Ausblick von dort aufs Meer auf der einen und den Kiedernwald auf der anderen Seite. Der Abstieg war ein Erlebnis für sich: Nicht nur, weil er ein wenig ans Skifahren erinnerte, sondern auch, weil sich in der Dämmerung ein ausgewachsenes Wildschwein neugierig auf dem Zeltplatz umschaute. Aufgrund dessen verstaute ich meine Lebensmittel in dieser Nacht besonders sicher, was allerdings dazu führte, dass das Wildschwein – kaum lag ich im Zelt – den nicht abgewaschenen Kochtopf neugierig untersuchte. Ich fand ihn jedenfalls am nächsten Morgen blitzsauber ausgeleckt vor.

Rastplatz bei Castropol

Weiter ging es durch Aquitaine und durchs Euskal Herria bis nach Santander, dann weiter über Gijón nach Santiago de Compostela, quasi immer entlang der nördlichen Route des Jakobswegs. Wie verschwenderisch schön die Landschaft an der spanischen Nordküste ist, machte mir ein Autobahnrastplatz deutlich: Statt Beton- und Pflastersteinwüste fand ich eine riesige baumbewachsene Wiese vor, die sanft zum Meer hin abfiel und diesem Haltepunkt sogar einen eigenen kleinen Strand bescherte.

Kathedrale von Santiago de Compostela

Das erste wirkliche Ziel meiner Reise – Santiago – begrüßte mich mit einem wunderschönen Ausblick auf die Stadt. Seit letztem Jahr weiß ich Zeltplätze auf Bergen (Turin!) ja sehr zu schätzen, nur leider sind mir anders als im letzten Jahr mangels Stativ keine schönen Fotos gelungen. Auch in der Stadt selber, die an sich sehr, sehr sehenswert ist, gelangen keine wirklich guten Bilder, da entweder das Licht wirklich ungenügend war oder die Enge der Straßen nach einem wirklichen Weitwinkel „schrien“ (irgendwann …). Eine wirklich nette Begegnung hatte ich am nächsten Morgen beim Abwaschen. Dort lernte ich einen schwedischen Sozialarbeiter kennen, der im norwegischen Tromsø Wahlführungen durchführt. Es war für die frühe Morgenstunde ein sehr tiefgehendes Gespräch, das von der deutschen Besatzung Norwegens bis hin zur aktuellen Flüchtlingssituation reichte – und mir bewusst machte, wie glücklich ich über das friedliche und geeinte Europa bin, dass trotz all seiner Differenzen aus der Vergangenheit weit mehr gelernt hat, als es sein Wirtschaftsstreben so oft vermuten lässt!

Strand vor Viana do Castelo

Schweren Herzens musste ich allerdings in Santiago meine Pläne begraben, die iberische Halbinsel zumindest zur Hälfte zu umrunden: Zu weit waren die Strecken, zu langsam kam ich auf den Landstraßen voran, zu früh wurde es dunkel und zu spät wurde es hell. So beschloss ich, wenigstens für ein paar Stunden über die naheliegende Grenze zu fahren. Der Ausflug nach Viana do Castelo hat sich auf jeden Fall gelohnt: Trotz des leicht diesigen Wetters war der Ausblick auf Wald, Strand und Meer grandios.

Löschhubschrauber im Einsatz

Die portugiesisch -spanische Grenze brachte eine wirkliche Neuigkeit für mich mit sich: Noch nie in meinem Leben habe ich so bewusst eine Zeitzone durchquert. Es ist schon eine lustige Vorstellung, für die Überquerung einer kurzen Brücke mehr als eine Stunde zu brauchen oder einfach zu wissen, dass das, was man in der Näge beobachten kann, zu einer anderen Uhrzeit stattfindet. Auf meinem weiteren Weg konnte ich konnte ich noch die Löscharbeiten eines Waldbrandes beobachten, danach folgte eine schier endlose Fahrt durch Castilla y León. Die durchquerten Landschaften waren teils unwirtlich und öde, teils unendlich weit und trotzdem selten das, was ich als schön empfinde. Über lange Strecken waren dunkelgrüne Sträucher die einzige Vegetation weit und breit. Anders (und auch endlich wärmer) wurde es, je näher ich Zaragoza kam – einer Stadt, die mich sehr beeindruckt hat und die ich auf jeden Fall noch einmal besuchen möchte!

Skyline von Barcelona

Nach meiner Fahrt weiteren Fahret durch Aragón, davon viele Kilometer den Ebro entlang, erreichte ich Cataluny/Cataluña und mit Barcelona den endgültigen Höhepunkt meiner Reise. Für zwei Nächte wurde ich auf dem (nach Angaben des Betreibers) ältesten Zeltplatz Spaniens heimisch – direkt vor den Toren der Stadt am Mittelmeer gelegen mit fantastischer Sicht auf die Skyline, einem tollen Strand und einem Bahnanschluss direkt ins Zentrum.

Basílica i Temple Expiatori de la Sagrada Família

Vielleicht habe ich am folgenden Tag einen Fehler gemacht, als ich beschloss als erste Station meiner Städtereise den Temple Expiatori de la Sagrada Família anzusteuern, eine Kathedrale, an der seit 1882 gebaut wird und deren Pläne maßgeblich auf Antoni Gaudi zurückgehen: Selten habe ich mich so lange mit einem einzigen Bauwerk beschäftig – und selbst nachdem ich dort fast einen ganzen Tag zubebracht habe, bin ich mir sicher, nicht einmal die Hälfte wirklich gesehen zu haben. Sowohl der Gang um die Kirche als auch die Wege innerhalb der Kirche sind eine Zeitreise durch die baugeschichtlichen Epochen der letzten beiden Jahrhunderte, deren unterschiedliche Stile und Ideen einerseits riesige Kontraste bilden, andererseits harmonische Facetten eines großen Ganzen sind.

Bei Besançon

Der Rest meiner Reise brachte bis auf eine traurige Nachricht in den Rhône-Alpes, deren Inhalt ich hier unerwähnt lassen möchte, keine wirklich neuen Dinge mit sich. Es war eine stille, leise und dennoch schöne Rückfahrt, die am letzten Tag noch eine nette Bekanntschaft mit sich brachte: Auf dem ersten Rasthof auf deutschem Boden traf ich eine Anhalterin, die mich beinahe den ganzen Heimweg begleitete. Dank vieler netter Gespräche vergingen selbst gefühlte 800 Kilometer im Stau wie im Fluge.

Es war eine lange, für die Strecke, die ich zurückgelegt habe, eigentlich viel zu kurze Reise, an deren Ende viele schöne Erinnerungen stehen – und das einzigartige Gefühl, das einen überkommt, wenn man nach langer Zeit wieder nach Hause kommt.

Weitere Fotos sind übrigens hier zu finden.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert